ZentralschweizWer durch Wolhusen spaziert, hört nur noch das Gedröhne der Pumpen

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Wer durch Wolhusen spaziert, hört nur noch das Gedröhne der Pumpen

Ein Dorf im Schlamm
Erneut wüteten am Sonntag die Unwetter in der Zentralschweiz, erneut traf es Wolhusen hart. Auch am Tag danach sind die Folgen der Erdrutsche, Hochwasser und Schlammlawinen zu sehen. Ein Augenschein vor Ort.
Publiziert am Mo 26. Juli 2021 18:56 Uhr

Die grössten Wassermassen trafen das Hotel Bad an der Entlebucherstrasse. Nur wenige Gäste waren am Sonntag hier an der alten Holzbrücke zugegen, als immer mehr Wasser vom nahe gelegenen Bach den Hügel hinunterfloss.

«Ich habe das Auto erst vor vier Monaten gekauft», sagt der Mann, den ich vor Ort treffe. Der junge Portugiese arbeitet hier als Koch. Am Sonntag sei er vor Ort gewesen, als sein neuer Renault einfach vom Wasser mitgerissen wurde.

Ein weiterer Bad-Mitarbeiter erzählt, dass er erst seit drei Wochen hier ist. «Sowas habe ich noch nie erlebt», erzählt der Mann von den Serien-Unwettern der letzten Wochen. Einige Kolleginnen hätten am Sonntag noch Angst gehabt, dass als Nächstes das ganze Hotel weggeschwemmt werden könnte. Aber: «Die Feuerwehr hat uns beruhigt und versichert, dass keine Gefahr für das Gebäude besteht.»

Am Montagmittag ist das Wetter wieder besser, die Sonne zeigt sich. Wer durch Wolhusen spaziert, hört überall noch das Gedröhne der Pumpen, die das Wasser aus den Kellern holen. Und auch die vorbeifahrenden, schlammverschmutzten Autos erinnern an die gestrigen Unwetter.

Auf dem Areal der Firma Stewo, in der Nähe des Bad-Hotels, spülen zwei Mitarbeiter den letzten Dreck wieder in den Abwasserkanal. «Bisher sind wir verschont geblieben, doch heute früh war der ganze Platz voller Hagelkörner», erzählt einer von ihnen.

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- Aufräumarbeiten auf dem Stewo-Areal.

Weiter zum Bahnhof. Hier, wo am Sonntag noch die ganze Strasse unter Wasser stand, ist diese jetzt trocken. Nicht so das Restaurant Bahnhöfli, das genau gegenüber liegt. Die Besitzerin, die schon seit Stunden mit zahlreichen Helfern die Nachwirkungen des Unwetters räumt, möchte zwar kein Interview geben, zeigt mir aber das Kellergeschoss.

«Ohne unsere Stammgäste wären wir aufgeschmissen»

Wolhusen scheint es dieses Jahr besonders hart zu treffen. Vielerorts sind noch nicht einmal die Dächer nach den grossen Hagelschäden vor einem Monat repariert, da kam sonntags schon das nächste grosse Unwetter mit Erdrutschen und Hochwasser. Seit 2005 habe sie noch nie so etwas erlebt, sagt die Wirtin, als sie mich in den Keller führt.

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- Bahnhöfli-Besitzerin: «So etwas haben wir seit 2005 nicht mehr erlebt.»

«Wir hatten am Abend viele Reservationen. Ich habe Salat gerüstet, als mein Mann zu mir kam und sagte: ‹Jetzt haben wir ein Problem›», erklärt die Frau. Im Keller liegt zwar überall noch Schlamm, der grösste Teil scheint aber ausgepumpt. Auf dem nassen Boden liegen Regale, Möbel, Bierflaschen und Lebensmittel. Das meiste muss weggeworfen werden.

Alle Wolhuserinnen und Wolhuser, die am Montag mit mir sprechen, sind auch nach den erneuten Unwetterschäden guten Mutes. Jetzt werde halt wieder aufgeräumt, auch wenn die Wetterprognosen für die nächsten Tage schlecht sind. Man hilft sich untereinander, organisiert sich über Social Media. «Wer hat eine Pumpe, Schubkarre oder Zeit zum Schaufeln?», so die Devise. Das bestätigen viele hier.

So auch im Bahnhöfli. Die meisten der rund ein Dutzend Helferinnen und Helfer seien Stammgäste, erklärt die Wirtin. Es wird «gekrampft», aber auch viel gelacht und zwischendurch ein Bierchen gezischt. Der Mann der Wirtin kommt zu uns in den Keller, weitere Medienschaffende seien da und fragen nach einem Interview. «Ihr Reporter solltet lieber mit anpacken, statt fragen zu stellen», sagt eine Helferin mit Augenzwinkern zu mir. Ganz unrecht hat sie vielleicht nicht. Ich verabschiede mich und wünsche frohes Schaffen und trockene Tage.

Das Hotel Bad in Wolhusen – vor, nach und während dem Unwetter

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- Das Hotel Bad von der Holzbrücke aus – vor dem Unwetter.

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- Das Hotel Bad von der Holzbrücke aus – nach dem Unwetter.
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